Chronik unseres Vereins – Teil 1

Karl Berke, Mitglied bei Wiedergründung 1990 und Vorsitzender 1990 – 2020 erzählt:

Der Harzklub Zweigverein Ilsenburg

wurde am 29.04.1889 u. a. von den Herren Apotheker John, Fleischermeister Spormann, Oberförster Eilers und weiteren Persönlichkeiten von Rang gegründet. Auch damals stand schon der Schutz der Natur, aber auch die Nutzung unserer schönen Heimat für den Tourismus im Fokus der Aufgaben. Die „Sommerfremden“ kamen zum großen Teil aus Hamburg und Bremen und waren natürlich begüterte Bürger. So wurde schon 1904 unser „Bremer Weg“ mit Geldern des Zweigvereins Bremen als der schönste Weg zum Brocken hergerichtet. In all den Jahren bis zum 2. Weltkrieg führte der Verein diese fruchtbringende Arbeit, ebenso Vorträge zur Heimatgeschichte, Kultur und Natur fort. Unsere Ortschronik haben wir z. B. dem verdienstvollen Vereinsmitglied Rektor Karl Lehmann zu verdanken.

Die Geschäftsstelle des Hauptvereins war ja bis Kriegsende in Blankenburg. Das blieb auch bis zum Abzug der Engländer so. Dann ab Juni/Juli lag der Ort aber in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der Harzklub wurde hier als Verein verboten. Somit wurde es erforderlich, dass die Geschäftsstelle nach Clausthal-Zellerfeld verlegt wird. Dort war der Verein nicht verboten. Aber die Vereinsmitglieder in der SBZ taten hier auch weiterhin, was sie tun konnten. Diese Aktivitäten wurden dann unter der Flagge des sogenannten Kulturbundes des DDR, Abt. Natur- und Heimatfreunde, legalisiert. Der Vereinsvorsitzende war Apotheker Zeugler, im Verein unterstützt durch Hermann Greifeld, Familie Ernst Lüttge und Klempnermeister Karl-Heinz Meyer, um nur einige zu nennen. Mir ist bekannt, dass sie auch den Bremer Weg bis zum Brocken pflegten und markierten. Mit fortschreitendem Alter wurden die Aktivitäten weniger, zuletzt wurden sie oft spöttisch als „Blümchenpflücker“ belächelt. Trotzdem brachten sie sich ein bei der Pflege der Wanderwege, vielen gemeinsamen Fahrten und Einsätzen für Natur, Heimat und Kultur. Zuletzt war es nur noch ein Kaffeekränzchen, das irgendwann in den 1970er Jahren ausstarb.

1989, nachdem mit dem Fall der Mauer auch die DDR in den letzten Zügen lag, gingen wir, eine Gruppe von der mechanischen Abteilung des Ilsewerkes an einem Tag Ende November gegen 16 Uhr zu Kantine. Da sagte unser Meister Harald Schmidt: „Jetzt können wir wieder nach Harzburg fahren. Nun muss es nur noch den Harzklub geben, dann ist es wieder wie vor dem Krieg.“ Diesen Gedanken griff ich sofort auf und verfasste den Aufruf zur erneuten Gründung, den ich dann am 03.12.1989 zur Brockenbefreiung auslegte. Spontan trugen sich 89 Leute ein, welche sich einbringen wollten. Darunter waren auch namhafte Persönlichkeiten wie z. B. Herr Dr. Michael Ermrich, der einige Jahre später, nämlich 1994 auch Vorsitzender des Hauptvereins wurde. Danach sah ich mich gezwungen, am 05.12.1989 mit dieser Liste beim Rat des Kreises, Abt. Inneres, die Vereinsgründung, welche ja nach DDR-Recht unmöglich war, zu beantragen. Aufgrund fehlender Befehlslage in den Wirren dieser Zeit waren sie dort völlig hilflos. So gründeten wir am 11.01.1990 im Ilsenburger „Deutschen Haus“ den Harzklub Zweigverein Ilsenburg. In den ersten Briefen schrieb ich noch Harzclub (mit „c“). Ich hatte Sorge, dass uns in der noch bestehenden DDR aus völliger Gleichheit mit dem Harzklub (mit „k“) Knüppel vor die Beine geworfen werden. Zu dem Zeitpunkt wollte man die Einheit unseres Volkes immer noch verhindern. In Gedanken hatten wir das aber alle vorweggenommen. Die Genehmigung zur Gründung des Harzklub Zweigvereins Ilsenburg wurde dann auch anstandslos erteilt und wir erhielten die Nummer 1 im Register des Kreisgerichtes Wernigerode. Aber irgendwas war wohl nicht ganz richtig daran. Wir wurden aufgefordert, die Urkunde zurück zu geben und erhielten dann ohne weitere Erklärung die heute noch gültige Urkunde mit der Nummer 17. Diese Spielchen hinderten uns aber nicht an der eigentlichen Arbeit. Klaus Kersten hatte sofort nach dem Wegfall der Sperrzone die alten Wege wieder ausgeschildert. Sie mussten aber auch wieder gereinigt und instandgesetzt werden.

Schon Januar/Februar 1990 fand der erste Arbeitseinsatz am Weg zur Bäumlers Klippe statt. Ganz viele Teilnehmer hatten ihn in wenigen Stunden von Ästen, Laub und Steinen bereinigt. Rückblick: Bis 31.08.1972 lag Ilsenburg in der Speerzone. Ab dem 01.09.1972 wurde Ilsenburg aus der Speerzone rausgelöst. Aber die Wege, die vormals in der Sperrzone lagen, blieben auch weiterhin für uns aus politischem Grund unzugänglich. Und eben in dem Bereich lag auch das Gebiet der Bäumlers Klippe. Jetzt sperrt der Nationalpark viele Wege aus Gründen des Naturschutzes.

So kam es immer wieder zu schwierigen Diskussionen zw. unserem Zweigverein und den Nationalparkverwaltung. Die nächstgrößere Arbeit hatten wir am Bremer Weg. Dort war der Bachlauf des Sandtalbaches mit Ästen etc. versperrt und das Wasser hatte sich den Weg gesucht und ihn zerstört. Zuerst musste also der eigentliche Bach beräumt und dann der Weg hergerichtet werden. Das wiederholte sich nach einem Hochwasser 2014. Nur dass diesmal die Arbeit vom zuständigen Nationalpark geleistet werden musste. Dieser Weg war immer wieder Grund zum Ärger. So auch 1994/1995, als ein Hochwasserereignis im Bereich des Pegelhäuschens den Bremer Weg völlig wegschwemmte und wir ihn von Hand wieder herrichteten. Jedoch hatte ihn der Rohnbach 2m tief und 4m breit gequert. Diese Lücke hat dann der Nationalpark verfüllt.

Am 01.04.1990 wurde dann der Wanderweg über die Mauer der Eckertalsperre nach Gesprächen mit Grenzern des Bundesgrenzschutzes und den Zweigvereinen Harzburg und Ilsenburg wieder freigegeben. Der Vorsitzende vom Zweigverein Harzburg, Günter Bothe, hatte ganz viele „Ersttagszertifikate“ für alle Teilnehmer, die an dieser ersten Wanderung teilnahmen, drucken lassen. Wir beide als Vereinsvorsitzende unterschrieben diese. Wir verkauften sie für 5 Mark, entweder Ost oder West. Wir erhielten 750 Mark Ost. Das Westgeld erhielt der Zweigverein Bad Harzburg, ebenso die 5 Dollar, die irgendjemand gab. Zwischen unseren beiden Vereinen entwickelte sich eine sehr enge Freundschaft, die mit einer Partnerschaftsurkunde am 01.04.1990 besiegelt wurde. Mit Herrn Bothe habe ich bis heute eine gute Verbindung.

Unser Zweigverein Ilsenburg bot viele geführte Wanderungen an, ein Angebot, welches damals richtig gut angenommen wurde. Fast wöchentlich fanden irgendwelche Aktivitäten statt. Das war nur möglich, weil ganz viele Menschen sich gern einbrachten. Der erste Vorstand bestand aus Bernhard Bischoff (2. Vorsitzender), Karl-Heinz Kohl (Schriftführer), Walter Siering (Kassenwart), sowie aus dem erweiterten Vorstand mit Günter Beckmann, Manfred Schubert, Klaus Kersten, Lothar Eyermann und Norbert Potutschek. Zum 1. Vorsitzenden wurde ich gewählt. In diesem Team und auch mit den Freunden aus Bad Harzburg und dem Hauptverein unter Dr. von Kurzfleisch, Günter Pistor, Hans-Dieter Harnisch und besonders dem Ehrenvorsitzendem Hermann Kerl konnten wir sehr gute Ergebnisse auf allen Gebieten unserer Satzung erreichen. Es bestand ein sehr enges und angenehmes menschliches Miteinander. Es gab keine Differenzen zwischen Ost und West oder Arm und Reich. Uns einte über alle Grenzen nur das Wohl der Menschen und damit untrennbar verbunden unsere Harzer Heimat. Unter der Mitwirkung ganz vieler Freunde trafen wir uns am 06.05.1990 am Braunschweigischen Molkenhaus beim Maisingen. Am 02.06.1990 konnten wir das neue Kruzifix bei strömenden Regen einweihen. Der Regen war so stark, dass die Noten der Bläser des Posaunenchores der evangelischen Gemeinde total durchgeweicht waren. Trotzdem freuten sich alle, war doch wieder ein Stück Identität unserer Ilsenburger Heimat neu entstanden. Am 01.07.1990, dem Tag der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion, wurde der Fernwanderweg E11, der von Holland kommt und irgendwann einmal bis Petersburg führen soll, durch unser Gebiet eröffnet. An der Ecker waren die Bürgermeister Herr W. Löwe (Ilsenburg) und Herr J. Homann (Bad Harzburg) anwesend. Viele Mitglieder unseres Vereins marschierten dann zusammen mit Herrn H. Kerl zum Kurpark. Ich hatte ein Problem damit, das ganz neu erworbene Westgeld in Bier umzusetzen.

Ebenfalls 1990 war das Wolkenhäuschen auf dem Brocken noch in einem erbärmlichen Zustand. Am 18.07. erschein daher ein Spendenaufruf dafür in der Volksstimme. Günter Bothe hatte mit mir zusammen ein Konto bei der Nord-LB eröffnet. Christian Henrich Fürst zu Stolberg-Wernigerode überwies gleich 750 DM. Auch weitere kleinere Beiträge gingen ein. Firma Fiß stellte kostenlos das Gerüst, die Schierker Feuerwehrleute bauten das Dach und irgendwer die Tür. Wieder war ein Stück Geschichte bewahrt. Leider wurde die Tür schon nach einer Woche von Vandalen zerstört. So ist es bis heute. Am 03.10.1990 konnten wir jedenfalls die Einweihung feiern. Das wurde festlich begangen. Seither wird jährlich vom Harzklub Gesamtverein dieser Tag, der so bedeutsam für uns alle wurde und ist, würdig gestaltet. In dem Jahr begann auch Familie Potutschek damit, viele Wanderungen zu führen und brachte die Menschen aus Ost und West zusammen. Margarethe Potutschek hatte auch die ersten Klönabende organisiert, die dann bis 2019 fester Bestandteil der Vereinsarbeit blieben. In den Vorträgen wurde ganz viel Wissen vermittelt, aber insbesondere wurde die Gemeinschaft gepflegt. Eben dieses 1990, unser erstes Vereinsjahr mit ganz vielen Ereignissen und vor allem Begegnungen bleibt uns damals Aktiven in bester Erinnerung.

1991 begann für unseren Verein dann bombig. Der Fürst sollte Mitglied werden.

Es gab Vereinsmitglieder, die das anders sahen und es kam zu giftigen Leserbriefen in der Volksstimme. Am 22.03.1991 hatten wir jedenfalls unsere Jahreshauptversammlung geplant, bei der er aufgenommen werden sollte. An dem Nachmittag fand noch eine Filmvorführung zur Eisenhütte statt und anschließend war die Harzklubversammlung im Hotel und Restaurant „Zur Rothen Forelle“ vorgesehen. Also brachte ich meine Tasche mit den Unterlagen dorthin. Als ich dann hineinwollte, stand die Polizei auf dem Hof. Es war eine Bombendrohung eingegangen. Meine Tasche und einige Kästen Getränke durfte ich noch holen. Manfred Schubert, damals im Radsatzwerk tätig, organisierte sofort den Speisesaal im Radsatzwerk für unsere Versammlung, die dann ganz harmonisch verlief. Christian Henrich wurde Mitglied. Aber auch die praktischen Arbeiten im Wald gingen weiter. Im Ilsewerk standen 3 Finnhütten nutzlos herum, was mir als Betriebsrat bekannt wurde. ABM-Kräfte bauten sie am Eckerkrug, an der Ernstburg und am Gelben Brink auf. Sie dienen bis heute Jahr für Jahr den Wanderern als Schutz- und Ruheplatz. Am Kruzifix fehlte das noch. Ein Verbund westdeutscher Handwerksfirmen, der sogenannte Harzer Bauring, hatten alles vorgefertigt und stellte diese Hütte im September 1991 auf. Wir erfuhren also ganz viel Unterstützung. Man muss nur miteinander im Gespräch sein und bleiben. Die Freunde aus Bad Harzburg weihten im September 1991 die Käsewieter Brücke ein. Damit war es im oberen Eckertal möglich, vom Maizental über die Ecker zum Harzburger Molkenhaus zu gelangen. Im gemeinsamen Streben für unsere Heimat konnte viel erreicht werden. Auch auf dem Brocken ging es vorwärts. Am 15.09.1991 fuhr unter großen Jubel wieder die Brockenbahn. Dafür hatten wir auch Unterschriften gesammelt, denn Naturschützer wollten das verhindern. Der Landkreis hatte bis September 1991 die komplette Ver- und Entsorgung bauen lassen. Maßgeblichen Anteil hatte unser Landrat und späterer Hauptvorsitzender des Harzklubs, Michael Ermrich.

Schreibe einen Kommentar